Cay Rademacher: „Nacht der Ruinen“

Cay Rademacher führt uns in diesem Buch zurück in das Jahr 1945. Bei einem der letzten Luftangriffe auf Köln stürzt ein englisches Flugzeug ab, der Pilot kann sich mit dem Fallschirm retten, wird aber von Unbekannten nach seiner Landung ermordet.

Die Alliierten haben das linke Rheinufer kurz darauf schon besetzt und der US-Soldat Joe Salmon, der als Joseph Salomon in Köln aufwuchs, soll den Fall aufklären. Zusammen mit seinem Fahrer Gonzales folgt er ersten Spuren in der vollkommen zerstörten Stadt. Das ist nicht ungefährlich, denn neben Blindgängern, einstürzenden Mauern und Fleckfieber bedrohen ihn auch die noch immer überzeugten Nazis, die sich schon wieder ein warmes Plätzchen in der Friedensgesellschaft gesichert haben. Sie werden gebraucht, in den Verwaltungen, bei der Polizei und in den Krankenhäusern. Joe muss sich aber auch mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzen, denn er ließ seine beste Freundin und seinen besten Freund bei seiner Flucht zurück.

Rademacher muss für dieses Buch eine Menge Recherchearbeit geleistet haben, denn er schildert sehr plastisch den Zustand der Großstadt, die Zerstörungen und die überlebenden, traumatisierten Menschen. Eine Leseliste am Ende des Buches weist dann auch auf weiterführende Lektüre hin.

Immer wieder tauchen historische Personen wie Konrad Adenauer, George Orwell oder Irmgard Keun auf, sie verleihen dem Buch noch mehr Authentizität.

Das Buch ist sehr spannend und gut lesbar geschrieben. Ich konnte kaum aufhören zu lesen und bin tief in diese – zum Glück – vergangene Welt eingetaucht. Die Ambivalenz der Situation wird sehr gut sichtbar: einerseits ist man froh über den Frieden, andererseits muss man irgendwie das Überleben sichern, und sei es mit Plünderungen oder Schwarzmarktgeschäften. Auch Joe schwankt zwischen den Erinnerungen an die Vergangenheit und der Notwendigkeit seinen Auftrag auszuführen. Da bleibt keine Hand wirklich sauber und manche moralische Überlegung muss der Realität zum Opfer fallen. Das alles macht Rademacher sehr deutlich.

Ich finde das Buch unbedingt lesenswert.