Der Untertitel „Die Bundespräsidenten und die NS-Vergangenheit“ weist schon darauf hin, worum es in diesem Buch geht. Die ersten fünf Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland waren alle während der Nazi-Diktatur in einem Alter, in den sie bewusst das Geschehen wahrnehmen konnten. Während Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Gustav Heinemann und Richard von Weizsäcker nie der NSDAP angehörten, waren Walter Scheel und Karl Carstens Parteimitglieder, auch wenn sie in der NSDAP nicht aktiv waren. Ihr Umgang mit der NS-Vergangenheit ähnelte sich aber, sie alle verurteilten im Nachhinein die Diktatur und stellten sich eindeutig auf die Seite Israels, dessen Existenzrecht niemals bestritten wurde. Trotzdem gibt es gravierende Unterschiede im Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Diese werden von dem renommierten Historiker Norbert Frei sehr gut herausgearbeitet.
Das Buch ist weitestgehnd auch für Laien gut lesbar und erstklassig recherchiert. Es zeigt auf, wo die Bundespräsidenten Kompromisse im Umgang mit der schwierigen Vergangenheit machen mussten, z. B. bei der Verleihung von Orden, und wo die damalige DDR Einfluss ausübte, als z.B. Heinrich Lübke als „KZ-Baumeister“ diffamiert wurde. Der Umgang mit der eigenen Vergangenheit war ncht immer glücklich, es wurde viel unter den Teppich gekehrt, wie das in der damaligen Gesellschaft üblich war. So konnten Globke Staatssekretär bei Adenauer werden und Filbinger Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Frei bleibt aber in der Rückschau kritisch gegenüber den Quellen und fair gegenüber den Menschen, die das schwierige Amt ausübten und erst einmal ihre Rolle finden mussten. Ein wirklich lesenswertes Buch!